Pippi erwischte das Virus kalt. Sie war mitten in den Vorbereitungen für ein neues großes Projekt und es zog ihr kurz den Boden unter den Füßen weg. Ein großes Sicherheitsnetz hatte sie nicht – lange Zeit hatte sie von der Hand in den Mund gelebt, und nun war sie mit ihren über 50 gerade dabei gewesen, sich erstmals so etwas wie Reserven anzuschaffen.
„Auf der anderen Seite“, dachte sie. „habe ich in der letzten Zeit so viel gearbeitet, dass mir die Pause guttun wird. Ich schaue einfach, was ich ändern kann, damit ich weiterhin über die Runden komme!“
Sie schrieb einen täglichen Corona-Blog, um anderen Mut zu machen, half beim Aufbau einer Online-Plattform und ging für die Nachbarinnen einkaufen. „Die hat es härter erwischt als mich“, dachte sie ein ums andere Mal. „Die dürfen nicht einmal das Haus verlassen, weil sie zur Risikogruppe gehören!“
Auch sie war oft in den Social Media unterwegs und immer wieder verblüfft über die Wut von Peppi, die sie als sehr lieben, reflektierten Menschen kennen und schätzen gelernt hatte. Sie verstand nicht, welche Freiheit die andere meinte. Sie fühlte sich in ihrer Freiheit nicht oder nur wenig eingeschränkt, weil sie das Gefühl hatte, dass sie sich für die Gemeinschaft zurücknahm.
„Ich war mein ganzes Leben lang frei!“, dachte sie. „Und diese Freiheit kann mir keiner nehmen. Freiheit, die verschwindet, nur, weil man eine Maske tragen muss, das ist keine Freiheit, sondern Illusion!“
Viele Menschen tragen ihr Leben lang eine Maske.
Keine Atemschutzmaske, sondern eine, die ihnen im wahrsten Sinne des Wortes die Luft nimmt. Sie merken es aber erst dann, wenn sie wirklich eine Maske aufsetzen sollen ….